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Projektübersicht

Motivation

Die Nanotechnologie entwickelt sich immer rasanter zu einem führenden Industriezweig. Aktuell sind über 1.000 Nanopartikel enthaltende Produkte auf dem Markt. Etwa ein Viertel davon enthält Silbernanopartikel, deren antimikrobielle Eigenschaften für vielfältige Anwendungen - vor allem in Verbraucherprodukten wie Textilien und Hygieneartikeln - sorgen. Durch den Einsatz und Gebrauch dieser Artikel ist ein beträchtlicher Eintrag von nanopartikulärem Silber in die Umwelt wahrscheinlich, z. B. durch Waschwasser und Abrieb.

 

Ziele

Das Projekt UMSICHT zielt darauf, Wissenslücken zum Verhalten, zum Verbleib und zu den Effekten von Silbernanopartikeln in Abhängigkeit von unterschiedlichen Umgebungsbedingungen zu schließen. So sollen nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt minimiert und nach Möglichkeit ganz ausgeschlossen werden. Den Rahmen dafür bildet eine exemplarische Risikobewertung, wie sie die REACh-Verordnung vorsieht.

Das Projekt verfolgt mit diesem Ansatz drei Teilziele:

  1. Identifikation von Zusammenhängen zwischen spezifischen Nanomaterialeigenschaften und deren Verhalten und Wirkung
    • Herstellung und Charakterisierung von Silber-Nanopartikeln mit spezifischen Eigenschaften
  2. Untersuchung des Verbleibs, der Exposition und der Wirkung von Silber in Verbrauchsprodukten
    • Simulation nutzungsrelevanter Szenarien
    • Charakterisierung der Exposition
    • Charakterisierung von biologischen Effekten
  3. Gefährdungs- und Risikoabschätzung für Silbernanomaterialien
    • Gefährdungs- und Risikoabschätzung an spezifischen, idealisierten Szenarien unter Berücksichtigung der Variabilität von Silber-Nanopartikeln und silberhaltigen Produkten

 

Forschungsstrategie

Ein interdisziplinäres Konsortium von 16 Partnern aus Forschungsinstituten, Unternehmen und Regulierung bildet die Basis für eine ausgewogene Forschungsstrategie. Die beiden Schwerpunkte sind sowohl Grundlagenforschung zu den Effekten von Silbernanopartikeln als auch praxisnahe Szenarien mit exemplarischen Nutzungsbedingungen, die für eine sichere Anwendung der Partikeltechnologie und für regulatorische Fragestellungen relevant sind. Untersucht werden freie Silbernanopartikel mit definierten Eigenschaften und textile Produkte, die nanopartikuläres Silber enthalten. Zum Nachweis der Partikel und zum Erfassen ihres Wirkpotenzials in verschiedenen Umweltkompartimenten und Medien werden bestehende Methoden optimiert und/oder neu entwickelt. Die Ergebnisse dieser Schwerpunkte münden in eine exemplarische Gefahrenpotenzial- und Risikobewertung.

 

Zwischenstand November 2012

Auf den Verbundtreffen am 28./29.09.2011, 13. März 2012 und 27./28. September 2012 einigten sich die Projektpartner von UMSICHT auf die nachfolgenden Kernaussagen zum gegenwärtigen Bearbeitungsstand. Diese Aussagen basieren primär auf den eigenen Arbeiten mit genau charakterisierten Silbernanopartikeln und damit ausgerüsteten Modell-Textilien und sind ergänzt durch den aktuellen Kenntnisstand aus der Literatur.

  1. Grundsätzlich erfordert der Umgang mit Silbernanopartikeln noch sehr viel Detailarbeit in der Methodenentwicklung. Dies beginnt schon bei scheinbar einfachen Arbeiten wie der Analytik des Gesamtsilbergehalts in verschiedenen Matrizes und Testmedien. Besonders wichtig sind Methoden, die eine Differenzierung zwischen Effekten erlauben, die durch Silber in partikulärer Form entstehen oder durch die gelöste Form hervorgerufen werden.

  2. Es ist nicht möglich – und dies gilt für alle Nanopartikel und Nanomaterialien – generelle Aussagen zu Silbernanopartikeln zu machen. Verhalten und Wirkung hängen ganz entscheidend von den Eigenschaften der (auf vielfältige Art herstellbaren) Partikel wie Größe, Form, Oxidationsstufe oder Oberflächenbeschichtung ab. Dies ist insbesondere auch im Zusammenhang mit Referenzmaterialien aller Art zu bedenken.

  3. Jede einzelne Partikelart verhält sich je nach den Umgebungsbedingungen völlig unterschiedlich. Entscheidend ist dabei, ob und wie fest die Partikel in eine Matrix eingebunden sind (z. B. in eine Textilfaser), in welchem Ausmaß aus den Partikeln über die Zeit Silberionen freigesetzt werden und wie deren weiteres „Schicksal“ in der Umgebung ist. Dieses wiederum hängt von deren chemischen und physikalischen Eigenschaften ab (z. B. Fällreaktionen mit anderen Ionen, Agglomeration der Partikel oder Bindung an Bodenpartikel).

  4. Wegen des noch unzureichend verstandenen Agglomerations- und Sorptionsverhaltens der Partikel müssen bei der Applikation in die Testmedien oder Böden die entsprechenden Richtlinien genauer spezifiziert werden (z.B. Lagerungsbedingungen und Standzeiten der Stammlösungen, Applikationsverfahren, Medium, in dem die Verdünnungsreihen angesetzt werden, Reinigung mehrfach verwendeter Reaktionsgefäße usw.).

  5. Für regulatorische Zwecke ist ein an Schlüsselparametern orientiertes, pragmatisches Vorgehen beim Testen der Vielzahl der Partikelvarianten die einzig machbare Lösung. Solche Schlüsselparameter sind z.B. Größe und Zetapotenzial der Partikel, Freisetzungskinetik von Ionen aus den Partikeln und Oberflächenfunktionalität/Oxidationsstufen bei metallischen Partikeln.

  6. Aufgrund der von nicht partikulären Verbindungen grundsätzlich abweichenden Reaktionskinetik von AgNP sollten bei deren Testung verstärkt chronische Effekte untersucht werden. Dies beinhaltet Langzeitversuche und Alterungsversuche unter möglichst realitätsnahen Bedingungen. Berücksichtigt werden sollten dabei auch bisher in Standardtests nicht oder kaum berücksichtigte Endpunkte wie Bioakkumulation und -magnifikation über lange Zeiträume, Häutung o.ä.

  7. Die Ausrüstung von Textilien mit Silbernanopartikeln kann auf sehr vielfältige Weise erfolgen. Je nach Faser- und Aufbringungsart kann es schwierig sein, Gewebe reproduzierbar mit vereinzelten Nanopartikeln auszurüsten, insbesondere bei sehr hohen Partikelkonzentrationen.

  8. Entsprechend der Vielfalt der Ausrüstungstechniken ist auch die antimikrobielle Wirksamkeit dieser Textilien unterschiedlich – sie kann zwischen sehr hoch und praktisch unwirksam angesiedelt sein.

  9. Eine genaue Analytik ist unerlässlich – niedrige Wiederfindungsraten der OECD-Standardpartikel (NM-300K) können die Einschätzung der Toxizität von Ag-NP im Allgemeinen verfälschen.

  10. NM300K ist in den meisten Böden deutlich mobiler als Silbernitrat. Das Material ist für Mobilitätsstudien in Böden geeignet.

  11. Ag-NP auf TiO2 aus Hochtemperaturpyrolyse als Trägermaterial auf Textilfasern wirken antimikrobiell – allerdings lässt sich auch mit TiO2 allein antimikrobielle Wirksamkeit erzeugen.

  12. Das meiste im Gebrauch von mit nano-skaligem und sonstigem Silber ausgerüsteten Textilien freigesetzte Silber bleibt am Klärschlamm hängen, landet bei landwirtschaftlicher Verwertung also letztlich im Boden. Aktuell ist Silber nicht in der Klärschlammverordnung erfasst.

  13. Grundsätzlich kann ein Teil des Ag in Oberflächengewässer sowohl aus Kläranlagen als auch aus Böden eingetragen werden.

  14. Versuche in Böden haben gezeigt, dass Silber nicht abbaubar ist, also überwiegend im Boden akkumuliert.

  15. Für die Ermittlung von Grenzwerten in Böden können die Wirkschwellen aus standardisierten Tests genutzt werden.

    Planung der Risikoabschätzung:

  16. Auf dieser Basis wird UMSICHT Szenarien zu Silbermengen im Klärschlamm ableiten. Ein exemplarisches Szenario wäre die Akkumulation nach wiederholter Ausbringung von Klärschlamm über 100 Jahre, basierend auf aktuellen Ag-Konzentrationen im Belebtschlamm.

  17. Für Empfehlungen zur Umweltregulierung sind zu berücksichtigen a) Menge, b) Persistenz, c) Toxizität (Abgleich analog Liste prioritärer Stoffe für Oberflächengewässer).

  18. Eine Unterscheidung zwischen nanopartikulärem und sonstigem Silber ist für die Umwelt-Risikoabschätzung nicht praktikabel: AgNP werden in realer Umgebung auf vielfältige Weise modifiziert.

  19. Größter Unsicherheitsfaktor ist das Unwissen über Vorliegen von NP in Textilprodukten (wie auch anderen Produkten): die Exposition über den Gesamtmarkt ist de facto nicht kalkulierbar. Dennoch sollte zumindest die Marktsituation und –entwicklung berücksichtigt werden. Zahlen sind auch hierzu schwierig zu bekommen.

  20. Der Entsorgungspfad wurde in UMSICHT nicht betrachtet, darf aber für die Risikoabschätzung nicht vergessen werden.

 

 

 

                 
                   
  

 

 

 

 

 

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